Mitte Oktober besuchten Michaela Söllinger, Irmgard Ehrenberger und Steve Ehrenberger die wunderschöne Stadt Jericó, gelegen 4 Stunden von Medellín im Südwesten Antioquias. Dort wehren sich Umweltverteidiger*innen seit mehr als zehn Jahren gegen den Abbau von Kupfer durch die südafrikanische Firma Anglogold Ashanti. Organisiert in einem Umwelt-Rundtisch bemühen sich die Aktivist*innen, die Bevölkerung der Stadt und der umliegenden Gebiete mit Öffentlichkeitsarbeit und gewaltfreien Aktionen über die Folgen des geplanten Kupferabbaus zu informieren. Unterstützt werden sie dabei von den Schwestern der Madre Laura.
Jericó, gegründet vor rund 170 Jahren, ist ein traditionell landwirtschaftliches Gebiet, beispielsweise werden dort Bananen und Kaffee angebaut. Der Lebensstandard der Bevölkerung ist bescheiden, aber im Vergleich zu anderen ländlichen Gebieten gut. Auch der Tourismus könnte angesichts der Schönheit der Stadt und der Landschaft weiterentwickelt werden.
Die Auswirkungen des Bergbaus wären allerdings verheerend: Durch die Tunnel, die in den Berg gebohrt würden, würde das Wasser versiegen und der Boden an Fruchtbarkeit verlieren, allein in der ersten Phase des Abbaus würden 65.000 Bäume gefällt werden. Täglich würden 17.000 Tonnen Gestein aus dem Berg herausgeholt und in der unmittelbaren Nähe abgelagert werden. Der säurehaltige Abraum und sonstige Abwässer würden den Río Cauca verschmutzen und könnten somit den Megastaudamm des Kraftwerks von Hidroituango gefährden. Auch eine Autobahn ist bereits im Bau.
Der Widerstand gegen den Kupferabbau in Jericó ist extrem wichtig. Denn es gibt fünf Gebiete, in denen Anglogold Ashanti Bergbauprojekte durchführen möchte. Mit einer Genehmigung für den Kupferabbau in Jericó wäre den Abbauprojekten in den anderen Gebieten Tür und Tor geöffnet. Wenn Anglogold Ashanti die Genehmigung für die Kupferausbeutung erhält und der Widerstand weitergeführt wird, besteht die große Gefahr, dass bewaffnete Gruppen das Gebiet und die Stadt infiltrieren und die Umweltverteidiger*innen bedrohen werden. Bereits jetzt ist Widerstand gefährlich, der Koordinator des Umweltrundtisches wurde im Mai dieses Jahres mit einem Messer attackiert.
Angogold Ashanti fehlt nur mehr eine Genehmigung für den Start der Kupferausbeutung. Wir hoffen, dass diese nicht gewährt werden wird und werden die Umweltverteidiger*innen in ihrem gewaltfreien Kampf unterstützen!
Die Ausbeutung von Kupfer steht in Kolumbien noch am Anfang, das Departement Antioquia ist dabei im Focus der Exploration von Vorkommen dieses heiß begehrten Metalls. Kolumbien will bis 2024 den Abbau um 1000 Prozent steigern. Das ist nicht verwunderlich, steigt doch der Kupferpreis stetig. Denn beispielsweise benötigt die Herstellung von Elektroautos viermal so viel Kupfer wie Verbrenner, auch die „grünen“ Energieanlagen brauchen viel Kupfer. Einerseits soll also Mobilität und Energiegewinnung „sauber“ werden, andererseits stößt die Gewinnung der dafür benötigten Metalle ungeheure Mengen an Treibhausgasemissionen aus, verursacht enorme Gesundheits- und ökologische Schäden und führt zu gewalttätigen Konflikten bis hin zu Morden an Umweltverteidiger*innen. Immerhin ist Kolumbien weltweit das gefährlichste Land für Menschen, die sich für ihren Lebensraum einsetzen.
Der Ausstoß an Treibhausgasen soll weltweit reduziert werden. Wie soll sich das ausgehen, wenn dafür Metalle unter klima- und umweltschädigenden Bedingungen geplündert werden, als gäbe es kein Morgen?
I.E. Oktober 2021